Mehr als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland ist übergewichtig. Etwa 25 Prozent sind adipös, das bedeutet, sie haben krankhaftes Übergewicht. Zum Welt-Adipositastag appelliert Dr. Plamen Staikov, Leiter des größten deutschen Adipositaszentrums am Krankenhaus Sachsenhauen in Frankfurt daran, sich frühzeitig medizinisch beraten zu lassen.
Frankfurt. Die Risiken eines starken Übergewichts für die Gesundheit sind bekannt: Adipositas gilt als Auslöser für viele chronische Krankheiten, zum Beispiel Diabetes, Schlafapnoe, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthrose und sogar bestimmte Krebsarten. Durch diese Folgeerkrankungen entsteht für die Betroffenen nicht nur ein erheblicher Leidensdruck, auch die volkswirtschaftlichen Auswirkungen sind enorm: Laut Berechnungen der Universität Hamburg belaufen sich die gesamtgesellschaftlichen Kosten der Adipositas in Deutschland auf etwa 63 Milliarden Euro pro Jahr.
„Man muss sich bewusstmachen, dass jede Adipositas mit Übergewicht beginnt“, erklärt Dr. Plamen Staikov, Chefarzt und Leiter des Adipositaszentrums am Krankenhaus Sachsenhausen, das seit Januar 2025 zur Universitätsmedizin Frankfurt gehört. „Eine frühzeitige medizinische Betreuung ist entscheidend, um schwerwiegende gesundheitliche Folgen zu vermeiden.“ Doch anstatt die Betroffenen schnell und stadiengerecht zu behandeln, werde die Erkrankung in Deutschland häufig nur verwaltet, so Staikov weiter.
Dabei hat sich die Adipositastherapie in den vergangenen Jahren erheblich weiterentwickelt und bietet für jeden Schweregrad der Erkrankung geeignete Behandlungsmöglichkeiten an. Neben chirurgischen Magenverkleinerungen für stark adipöse Menschen gibt es mittlerweile auch medikamentöse Therapien, die ärztlich begleitet eine effektive Gewichtsreduktion ermöglichen können. GLP-1-Rezeptor-Agonisten, die so genannten „Abnehmspritzen“, sind jedoch bislang als „Lifestyle-Arzneimittel“ klassifiziert. Daher werden die Behandlungskosten bei Adipositas-Patienten – anders als bei Menschen, die GLP-1-Rezeptor-Agonisten zur Diabetestherapie nutzen – nicht von den Krankenkassen erstattet.
„Wer merkt, dass eigene Abnehmversuche scheitern und jedes Jahr ein paar zusätzliche Kilos hinzukommen, sollte sich medizinisch beraten lassen“, appelliert Dr. Plamen Staikov an die Betroffenen. Neben hausärztlichen Praxen mit einer Weiterbildung zur Adiposiologie stehen spezialisierte Adipositaszentren wie das im Krankenhaus Sachsenhausen als erste Anlaufstellen zur Verfügung. Dort gibt es ein multimodales Therapiekonzept, das neben medikamentöser oder chirurgischer Behandlung auch Ernährungsberatung, Bewegungsprogramme und psychologische Unterstützung umfasst.
„Es ist höchste Zeit, Adipositas als ernsthafte Erkrankung mit all ihren Facetten anzuerkennen“, betont Dr. Plamen Staikov. „Neben einer verstärkten Prävention, die bereits im Kindesalter beginnen sollte, ist es erforderlich, Patientinnen und Patienten eine frühzeitige und stadiengerechte Behandlung zu ermöglichen.“